TCL-Reportagen
TCL-Mitglieder schreiben für TCL-Mitglieder: Die Reportagen und Berichte von den TCL-Mitgliedern waren immer ein fester Bestandteil aller TCL-Vereinszeitschriften und Publikationen. Auf dieser Website findet Ihr eine kleine Auswahl der zahlreichen Berichte und Anekdoten, Wir sind auch offen für „neue Beiträge“ oder „Reportagen“, die wir gerne auf unserer Website veröffentlichen.
Tennisplätze dieser Welt - oder diesmal wohl eher "dieser Region"
Wo findet man noch Tennisplätze, in der Einöde, schwer erreichbar, eventuell gar nicht erreichbar, extremen Verhältnissen ausgesetzt ? Die Suche danach war nicht einfach und im Ergebnis eher zufällig erfolgreich. Es trieb uns mal wieder an die niedersächsische Küste ( für die geographisch Eingeweihten kann es sich folglich nur um die Nordseeküste handeln ) .Doch reicht schon die „Küste“, um die oben genannten Ansprüche zu erfüllen ? Sicherlich nicht ! Unsere Spürnase führte uns konsequenterweise in die „Vorküstenzone“ , die unter dem Namen „Ostfriesische Inseln dem einen oder Anderen möglicherweise bekannt ist. Wir nahmen das Fährschiff von Bensersiel nach Langeoog, wechselten dort auf die Inselbahn in Richtung Inselhauptstadt. Dann begann die mühselige Suche per pedes. Heftiger Wind, Feinsandstürme, irritierender Wechsel von Sonne und Wolken begleiteten die Suche. Uns führte der Weg zunächst direkt zum Strand. Angedeutete Volleyball-Felder, aber keine Tennisplätze. Wir kämpften uns durch die Dünen und konnten unsere ausgedörrten Kehlen dank strategisch günstiger Platzierung einer Erfrischungsanstalt mit dem dort ausgeschenkten Inselbräu befriedigen. So gestärkt orientierten wir uns am höchst gelegenen Aussichtsrestaurant der Insel. Wie aus dem Nichts tauchte eingebettet in die Dünenlandschaft am Fuße der Erhebung die Tennisanlage auf. Doch wird hier auch Tennis gespielt ? Der nicht zu übersehende Hinweis am Zaun auf „ Trampolin“ auf der Anlage gab uns zu denken. Temporäre oder saisonale Zweckentfremdung ? Diese Frage konnten wir nicht klären. Sei es drum ! Wir hatten unsere Suche auf jeden Fall erfolgreich beendet.
Heinz Karschuk Quelle AUFSCHLAG 01/2014
Tennisplätze dieser Welt - Cala D´or, Mallorca
Es war in den frühen siebziger Jahren und ich hatte den begehrtesten Semesterferienjob der Welt: Surflehrer auf Mallorca! Und wenn der Wind zum Surfen nicht ausreichte, spielte man eben Tennis. Und wenn das Talent zum Tennisspielen nicht ausreichte, saß man wenigstens an der kleinen Bar der sehr exklusiven Anlage im Yachthafen des ehemaligen Nobelorts Cala D`or, an der Südostküste der Insel. Ich saß viel an der Bar. Der Besitzer dieser Tennisanlage mit sechs Sandplätzen und einer Flutlichtanlage war ein Franzose und hieß Pierre. Pierre hatte Frankreich hinter sich gelassen, nachdem er ein stattliches Erbe antreten musste und sich mit diesen Tennisplätzen und einem angemessenem Haus, gleich nebenan, einen Traum erfüllt. Nun spielte er nur noch Tennis, lud Freunde und Bekannte zu beachtlichen Festen ein und machte seine Tennisanlage nach Einbruch der Dunkelheit auch schon mal zur Partymeile des Ortes. Eine Zeit, in der nicht nur die Dunkelheit eingebrochen ist.
Fast vierzig Jahre später war ich noch einmal da. Das ehemals stattliche Haus verlassen und verwittert. Die schönen Sandplätze verkommen. Die kleine Bar verriegelt und vernagelt. Eine Szene wie aus einem Western. Bilder von einem Geisterort. Von Pierre fehlt seit Jahren jede Spur. Vom Glanz und der Noblesse des damaligen Tennisclubs bleiben nur noch die sechs Kacheln am Eingangstor mit dem Emblem der sich kreuzenden Tennisschläger hinter einem Pinienbaum und den Initialen CT: Club de Tennis.
Frank Glittenberg Quelle: AUFSCHLAG 01/2014
Tennisplätze dieser Welt - Paris
Alles begann vor 51 Jahren: Nach Schulabschluss und zwei Jahren Bürotätigkeit zog es mich in die “große, weite Welt” – nach Paris – als au-pair-Mädchen. Heute ist die “große, weite Welt” natürlich USA oder Australien. Ich fand eine wunderbare, interessante Familie mit Familienanschluss und vielen Annehmlichkeiten, die Freundinnen von mir in Paris nicht genießen konnten. Die Verbindung zu dieser Familie dauert bis zum heutigen Tage. Vor 30 Jahren besuchte ich nach langer Zeit – nachdem ich 20 Jahre nicht in Paris war – meine alte Familie. Diese lebte jetzt außerhalb von Paris bei Beauvais auf einem großen, sehr einsam gelegenen Gut mit Wald, Ackerland, Vieh, Pferden und einem eigenen Tennisplatz! Dieser Tennisplatz war damals noch relativ gut bespielbar – “relativ” – es war ein asphaltierter Platz, an einigen wenigen Stellen war der Belag gesprungen – es wuchsen Gräser heraus. Aber man muss ja nicht auf diese Grasbüschel spielen – geht alles! Der Ausblick vom Tennisplatz führte über eine leicht hügelige Landschaft mit Wiesen, auf denen Pferde grasten, – idyllisch, und weit und breit kein Mensch. Mit den Jahren – wir fuhren sehr oft im Sommer zu unseren Freunden - war der Hartplatz aber doch zum Teil derart uneben, immer mehr Gräser wuchsen aus dem gesprungenen Asphalt heraus, dass wir vor etwa 10 Jahren das Spielen dort aufgaben. Schade eigentlich, auch der Weg zum Platz war inzwischen nur mit Mühe zu erreichen. Die vier Söhne der Familie spielten schon sehr lange nicht mehr dort. Sie leben – bis auf Michel, der das Gut bearbeitet – in Paris. Der Tennisplatz verwilderte mit den Jahren. Im Oktober waren wir wieder einmal dort: An diesem eigenwilligen Ort mit seiner urwüchsigen Natur, dem ebenso urwüchsigen Wald, aus dem uns die goldgesprenkelten Fasane entgegenliefen, dem alten Gutshaus und unseren langjährigen Freunden und einem Tennisplatz, der eigentlich keiner mehr ist.
Christel Kahrs Quelle: AUFSCHLAG 04 / 2013
Tennisplätze dieser Welt - Flämische Tennis-Idylle
Wieder war ich auf der Suche nach außergewöhnlichen Tennisplätzen, auf denen der gelbe Ball wohl mal oder noch immer seine Abdrücke hinterlassen hat. Nach dem Besuch eines klippenorietierten, leicht heruntergekommeneen Tennisplatzes mit Blick auf die Merkel-Osternresidenz auf Ischia, zog mich meine Spürnase diesmal an die geschichtsträchtige Küste Belgiens. Auf dem Weg dorthin schweifte mein Blick- und auch meine Nase- durch Aachen, doch roch es in dieser Zeit zu sehr nach Pferd. CHIO oder so. Folglich konzentrierte ich mich auf das eigentliche Ziel, die belgische Küste. Zu meiner Überraschung wähnte ich mich fast wie in der Heimat. Ich durchfuhr das Badeörtchen Groenendijk. (Der Sprachwissenschftler erkennt sofort die Ähnlichkeit mit Grünendeich!). Doch der Überraschung nicht genug, führte mich die Straße direkt nach Middelkerke. Haben die Belgier keine Phantasie sich eigene Stadtnamen auszudenken??? Auf jeden Fall dürfen sich die Altländer darauf etwas einbilden! Zweifel, dass es auch umgekehrt sein könnte, habe ich natürlich nicht. Doch wo sind die Tennisplätze? Meine Spürnase führte mich an das Ende (oder war es der Anfang?) einer Fußgängerzone in zweiter Reihe vom Strand entfernt. Befand ich mich hier wieder in einem sprachlichen Ableger eines deutschen Großstadtviertels, des Frankfurter Westends? Nein! Dieser Badeort hieß Westend e. Ich bin beruhigt, endlich mal was Eigenständiges. Dort lag nun der Tennisplatz. Inmitten von mittelhohen Häuserschluchten, leicht tiefergelegt, um auf den terrassierten Betonrängen Hunderten von tennisbegeisterten Urlaubern Platz zu bieten. Aber welche Enttäuschung! Kein Profi oder auch nur angehender Top-Ten-Spieler war zu sehen. Tartan-Tristess soweit das Auge reicht. Aber vielleicht war ich nur zur falschen Zeit da. Auf jeden Fall freue ich mich wieder auf die heimische Asche inmitten von Obstbäumen.
Heinz Karschuk Quelle: AUFSCHLAG 03/2013
Tennisplätze dieser Welt - "International Tennis Hall of Fame & Museum in Newport (RI)"
Da standen wir also auf dem Parkplatz einer kleinen Mail in Newport / Rhode Island an der Ecke Memorial Boulevard und Bellevue Avenue und vor uns befand sich die legendäre International Tennis Hall of Fame. Spontan strebten wir dem Eingang zu, wo uns ein freundlicher älterer Herr in Empfang nahm und uns in Kurzform die Historie dieser Anlage erläuterte. Beim Anblick des Centercourts umgeben bonroten Backsteingebäuden, perfekt in Form geschnittenen Büschen und Sträuchern, einer einladenden Terrasse mit Tischen und Stühlen unter grünen Sonnenschirmen, very britisch, erstarrten wir von Ehrfurcht. Zwischen 1881 und 1914 wurden auf diesem Court die amerikanischen Tennis-Meisterschaften ausgetragen, also der direkte Vorläufer der heutigen "US-Open " in New York. Heute sind die Campell´s Hall of Fame Tennis Championships Newport das einzige professionelle Rasenturnier in Nordamerika. Es ist bei den Herren (ATP-World-Tour 250) das letzte Rasenturnier direkt im Anschluss nach Wimbledon. Auf der Anlage, 1954 gegründet von James van Ahlen, dem Erfinder des Tie Break, findet man die Hall of Fame, das weltgrößte Tennis-Museum. Das muss man einfach gesehen haben. Von der Gründungszeit bis zur Neuzeit ist alles, was mit Tennis zu tun hat, inBildern, Originalfilmen, Material und Kleidung vorhanden. An den Säulen sind Schilder mit den Daten und Erfolgen aller Spieler und Spielerinnen befestigt, die bis jetzt in die Hall of Fame aufgenommen worden sind. Aus deutscher Sicht sind das bis heute Steffi Graf, Boris Becker, Gottfried von Gramm und Hans Nüsslein. Vom TCL ist leider keiner dabei gewesen. Es gibt Schwerpunktthemen wie zum Beispiel die Historie des Davis Cup - legendäre Schlachten zwischen den USA und Großbritannien, oder die grandiosen Grand Slam Turniere, Boris Becker und Steffi Graf spielen keine unbedeutende Rolle neben Rod Laver, Andre Agassi, Jimmy Conners, Pete Sampras und wie sie alle heißen.. Zurück in die Außenanlage, die aussieht als wäre die Zeit stehengeblieben.. Es ist wirklich wie ein Stück England, alles sehr klassisch und traditionell. Insgesamt findet man 13 Rasenplätze mit den Originaltribünen aus dem letzten Jahrhundert. Mit den großen Tennisstadien von heute hat das nichts gemeinsam. Zur Anlage gehört auch eine "Real Tennis-Anlage, Real Tennis ist das Spiel, aus dem sich alle weiteren Racker Sportarten entwickelt haben. Der Indoor Tennisplatz ist ein Teil der ursprünglichen Anlage und wurde 1880 gebaut. Real Tennis stammt aus der Renaissance und ist ein komplett anderes Spiel im Vergleich zum Tennis heute, Wir konnten von außen einen Blick in die Halle werfen und erstaunt feststellen, dass dort so eine Mischung aus Squash und Tennis mit merkwürdigen Schlägern und nicht erkennbaren Regeln praktiziert wurde. Auch die Halle ist eine Erscheinung der etwas anderen Art: Schrägdach und rechteckigen Blenden, genannt Galerien - eine einzigartige physikalische Erscheinung. Insgesamt gibt es nur noch zehn dieser Anlagen in den USA und nur diese Anlage ist öffentlich bespielbar. Am Ende unseres ausführlichen Rundgangs hätten wir nun für schnöde 90$ auf einem der gepflegten Rasenplätze eine Stunde Tennis spielen können, wollten dann aber mit unserem Unterklasse-Niveau diesen heiligen Boden nicht entweihen.
Uwe und Karen Johannsen Quelle: AUFSCHLAG 03 / 2010
Mit den German Doctor´s auf den Philippinen
Bericht über eine ganz besondere Mission von Ute Dürkes
Was macht man außer Tennisspielen, wenn man als Allgemeinärztin in den Ruhestand getreten ist? Natürlich Reisen. Und natürlich Träume verwirklichen, die man eigentlich schon immer machen wollte. Ärztlich tätig sein außerhalb der Alltagsroutine, ohne Gebührenordung und ohne Entgeld.
Ärztliche Hilfe ohne Gebührenordnung
Bei den Ärzten für die Dritte Welt bot sich mir die Gelegenheit, beide Ziele zu verbinden und so landete ich am 30. Juli 2010 in Manila auf den Philippinen. Als German Doctor Ute arbeitete ich also in der Hauptstadt der Philippinen in den Slumgebieten. Tägliche Arbeitszeit von 8Uhr bis 17 Uhr, oft auch länger .Mit einheimischen und einem deutschen Kollegen behandelte ich Menschen, die kein Geld für einen Arztbesuch haben und von unserer Organisation umsonst betreut werden. Für mich bedeutete es zunächst einen Kulturschock. Bretterbuden so weit das Auge reicht! Menschenmengen auf den Straßen, Krach, Lärm, Verkehrschaos und Smog, dazu noch Regenzeit mit täglichen Güssen in Bangong Silang, einem Vorort der Metropolis Manila, war unser „Basislager“.
Regenzeit in Banking Silang
Von dort aus betreuten wir auch einige Ambulanzen, die sich in direkter Nachbarschaft der “Smoky Moutains“, der Müllberge der 20 Millionen Megapolis befinden. Die Menschen dort leben quasi im Müll und vom Müll. Auf engstem Raum zusammengepfercht, haben sie selten eine Chance dem Teufelskreis Armut, Arbeitslosigkeit, Aussichtslosigkeit zu entkommen. Die meisten zu behandelnden Krankheiten sind auch durch die Armut bedingt. Tuberkulose, Bronchitis und jede Menge Hautinfektionen und leider auch massive Unterernährung sah ich täglich. Krätze, Läuse und schlimme Furunkulosen, schwere Magen-Darminfekte: Sie alle sind durch mangelnde Hygiene bedingt. Verzweifelt man beim Anblick dieses Elends? Eigentlich nicht, weil die Bevölkerung auch nicht verzweifelt. Die Menschen sind fröhlich, lachen viel und sind für die Behandlung dankbar. Nach der Arbeit in Manila habe ich vier Wochen auf einer der 7000 Inseln die eingeborenen MANGANGS in ihren Dschungeldörfern behandelt. Das war für mich Abenteuer pur. Jeden Morgen ging es von Calapan, der Inselhauptstadt, mit unserer „Rolling Clinic“, einem Geländewagen, auf abenteuerlichen Wegen ins Landesinnere. Dort leben die Ureinwohner noch fast jenseits allen modernen Komforts in einfachen Bambushütten. Auch sie sind in der Regel bettelarm, laufen oft wirklich zerlumpt herum, die Kinder oft nackedei. Auch sie sind dankbar für die kostenlose Betreuung. Sie bedankten sich mit Naturalien, wozu auch einmal zwei lebende Hühner gehörten
Dschungelbewohner dankbar für Hilfe
Im Gegensatz zu Manila war der Aufenthalt auf der Insel landschaftlich sehr reizvoll, herrliche Ausblicke auf die bewaldeten Bergkuppen, einsame Buchten und die üppige Urwaldvegetation! Im Badeort Porto Galera lockte im „Korallengarten“ eine traumhafte Unterwasserwelt und lud zum Schnorcheln ein. Schwimmen im Meer-Schwimmen im Glück-wenn da nicht der oft doch sehr deprimierende Alltag gewesen wäre. Das einheimische Mitarbeiterteam-die Arbeitssprache ist Englisch-ist fachlich sehr kompetent und sehr, sehr freundlich. Zum Abschied lagen wir uns alle in den Armen und sangen gemeinsam den Ohrwurm, den wir immer im Auto gehört hatten:“I miss you like crazy“.
Ute Türkis umringt vom einheimischen Mitarbeiter-Team
Zurück in Deutschland bin ich dankbar hier leben zu dürfen, in einer Gesellschaft in der niemand hungern muss. Ich spiele wieder Tennis, freue mich auf eine schöne Sommersaison und werde bestimmt bald wieder zu einem neuen Einsatz für „Ärzte für die Dritte Welt“ starten.
Ute Dürkes Quelle: AUFSCHLAG 02/2011
Ute Dürkes als Ärztin im Einsatz auf den Philippinen
Wenn man auf Mindanao nach Tennisplätzen sucht, sucht man vergebens-fast jedenfalls! Einen heruntergekommenen Platz habe ich auf der Insel Bohol gefunden. Der Volkssport auf den Philippinen ist eindeutig Basketball. Auch Hahnenkämpfe sind sehr beliebt, die möchte ich aber nicht in die Rubrik Sport einordnen. Und deshalb bin ich auch nicht nach Mindanao, der zweitgrößten und südlichsten Insel geflogen.
Zum zweiten Mal habe ich dort als Ärztin für die Dritte Welt gearbeitet. Zunächst in der Ambulanz eines kleinen Krankenhauses in San Fernando und dann in einer „Rolling Clinic“ im unwegsamen Bergland der Insel. Als hier strenger Winter herrschte, lag bei uns die Durchschnittstemperatur bei ca.30°. Der Arbeitsalltag unterscheidet sich gar nicht so sehr von meiner Arbeit hier, nur mit dem Unterschied, dass wir, also alle dort tätigen Ärzte und Ärztinnen, ehrenamtlich arbeiten und wir nur wirklich die Ärmsten der Ärmsten behandeln. Und davon gibt es auf den Philippinen leider sehr viele. Sie kommen aus entlegensten Orten, die auch mit unserem Allradauto nicht zu erreichen sind, warten geduldig oft stundenlang. Das Warten ist aber oft sehr vergnüglich, die neusten Klatschgeschichten werden ausgetauscht und die Kinder toben durch die Gegend. Diskretionszonen zu dem „Behandlungszimmer“, das häufig in einer Bambushütte untergebracht ist, sind weitgehend unbekannt. Diesmal gehörte zu meinem Team auch eine junge Zahnärztin, die am Tag bis zu 100 Zähnen gezogen hat. Auch ich hatte häufig um die 1oo Patienten. Einige davon waren nicht wirklich krank, aber wenn die „Rolling Clinic“ schon in vierwöchentlichen Abständen ins Dorf kommt, kann man halt auch hingehen und auch gleich alle Kinder mit vorstellen, also im Durchschnitt 4-6.-Und das ist gut so! Schwere Entwicklungsstörungen, allen voran die dramatische Unterernährung können so noch rechtzeitig erkannt werden. Schlimme Erkrankungen werden im Krankenhaus in San Fernando behandelt. Aber dort müssen sie erst einmal hinkommen! Und schlimme Krankheiten sind leider häufig. Geld für einen Transport haben unsere Patienten nicht. Sie sind oft auch nicht transportfähig, und so muss sie unser Fahrer Nelson mit unserem Allradauto fahren, was wieder dessen Arbeit im Team blockiert. Es ist schon erschütternd zu sehen, wenn fortgeschrittene Krebserkrankungen und schlimme Hautentzündungen noch nie einem Arzt vorgestellt worden sind. Den verheerende Taifun Anfang Dezember habe ich gut auf der Terrasse unseres „Doctor’House‘ in San Fernando überstanden, aber viele Menschen sind obdachlos geworden, weil ihre armseligen Behausungen zu nah am Ufer des reißenden Flusses standen. Weihnachten und Sylvester verbrachte ich mit Kollegen am Strand auf einer kleinen Insel. Schnorcheln statt Weihnachtsspaziergang. Pinacolada statt Punsch. Auf den Philippinen lässt man Weihnachten wirklich die Sau raus! Keine Weihnachtsfeier ohne Spanferkel, aber auch ohne rote Zipfelmütze und dekoriertem Plastikbaum, und Karaoke! Man feiert in Badehose! Ein bisschen Heimweh kam trotzdem auf. Aber dafür gibt es ja Handys und so konnte ich die Grüße der Familie nachts um drei Uhr entgegen nehmen. Mit dem song „Dreaming of a White Christmas“ im Kopf schlief ich dann auch alsbald ein.
Am 16. Januar ging es dann wieder heimwärts. Passend dazu spielte eine Band auf dem gangway “Rolling home“ von Ray Charles.
Ute Duerkis Quelle: AUFSCHLAG 02/2013
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